Ein Konflikt findet zwischen zwei oder mehreren Personen bzw. Personengruppen statt, wenn sie verschiedene Interessen, Zielsetzungen oder Wertvorstellungen haben, die nicht (gleichzeitig) miteinander vereinbar sind bzw. unvereinbar erscheinen. Man spricht also von einem Konflikt, wenn es einen Zwiespalt, eine Auseinandersetzung, einen Streit oder einen inneren Widerstand von Motiven, Wünschen und Bestrebungen gibt. Jeder kämpft um die Durchsetzung der eigenen Interessen und Standpunkte.
So kann man bei einem Konflikt unterscheiden zwischen:
Ein Konflikt ist dabei mit Unannehmlichkeiten und Stress verbunden. Er wird von Gefühlen (z.B. Wut) begleitet und führt zu einem konkreten Verhalten (z.B. tatsächlicher Aggression). Häufig werden Konflikte mit solch negativen Assoziationen verknüpft. Und natürlich sind sie auch erst einmal anstrengend und oft intensiv. Aber Konflikte können auch positive Effekte haben, z.B. wenn sie eine Gruppe oder Person aufrütteln, wenn über den Konflikt offen, ehrlich und konstruktiv gesprochen wird (und er nicht „unter den Teppich gekehrt“ wird), so dass er zu Verhaltensveränderungen und Weiterentwicklungen in der Gruppe und für die einzelne Person führen kann. Denn aus einem Konflikt kann man immer lernen, daran wachsen und sich weiterentwickeln.
Dafür ist es wichtig, dass ein Konflikt konstruktiv bearbeitet wird.
Als GruppenleiterIn solltest du aufkommende Konflikte in deiner Gruppe wahrnehmen. Wie du dann auf einen solchen Konflikt reagierst, ist von Fall zu Fall unterschiedlich und hängt sehr vom Alter der Konfliktparteien, dem Ausmaß des Konfliktes, der Gruppenphase und den äußeren Umständen ab.
Nicht jeder Konflikt erfordert von dir, dass du einschreitest. Bei kleineren Streitigkeiten solltest du auf die Verantwortung und auch Fähigkeit der Konfliktparteien setzen, den Konflikt selbst zu lösen. Auch Kinder können so schon lernen, dass sie Dinge selbst regeln und Konflikte auch ohne Einmischung der Erwachsenen lösen können; bei Jugendlichen sollte dies mehr und mehr selbstverständlich sein. Je nach Konflikt und den aufkommenden Gefühlen ist allerdings vielleicht ein Hinweis oder Impuls von dir sinnvoll, damit die Konfliktparteien die Initiative ergreifen, miteinander zu sprechen und nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen.
Bei größeren oder länger anhaltenden Konflikten ist allerdings durchaus ein Einschreiten von dir als GruppenleiterIn gefordert. Wenn die Konfliktparteien den Konflikt nicht alleine lösen können oder er sich gar negativ auf das gesamte Gruppenklima auswirkt, musst du reagieren. Dies kannst du auf unterschiedliche Art und Weise tun:
Für eine Vermittlung darfst du nicht selbst in den Konflikt involviert sein und solltest zu allen Konfliktparteien ein neutrales, vertrauensvolles Verhältnis haben, so dass sie dich als VermittlerIn akzeptieren. Nun musst du alle Konfliktparteien „an einen Tisch“ holen.
In akuten Situationen, in denen ein Konflikt zu eskalieren droht, und bei (deutlichen) Grenzverletzungen einzelner Gruppenmitglieder, musst du als LeiterIn sofort einschreiten und Stellung beziehen. Solche Situationen können sein, wenn ein Gruppenmitglied von anderen körperlich oder psychisch bedroht und unter Druck gesetzt wird (gemobbt wird), es zu körperlicher Gewalt kommt (treten, schubsen usw.) oder Gruppenmitglieder Dinge beschädigen wollen. Dann solltest du den „normalen“ Ablauf unterbrechen und die Störung bzw. den Konflikt thematisieren; entweder in der Gruppe oder ggf. auch mit der/den störenden Person in einem Einzelgespräch (wenn andere MitleiterInnen währenddessen bei der Gruppe bleiben können).
Hierbei ist es durchaus möglich, die Ursachen für das ungewollte/unsoziale Verhalten der Person bzw. Gruppe zu erforschen. Allerdings ist dies oft nicht schnell getan, da hinter einem solchen Verhalten nicht selten Ängste, Unsicherheiten oder falsch gelernte Verhaltensmuster stecken. Wenn ein Kind/Jugendlicher schnell aggressiv reagiert, andere schubst, tritt oder auf andere Weise attackiert, ist er/sie in der Regel nicht einfach böswillig, sondern hat selbst ein Problem. Als GruppenleiterIn musst du dir überlegen, ob du es dir zutraust, mit dem Kind/Jugendlichen Schritt für Schritt an einer Verhaltensänderung zu arbeiten. In jedem Fall musst du deutlich Stellung beziehen, dass dieses Verhalten nicht geduldet wird. Ggf. muss das Kind/der Jugendliche (vorübergehend) von einem Spiel oder gar der Gruppenstunde ausgeschlossen werden oder von einer Freizeit nach Hause geschickt werden. Beachte hierbei deine eigenen Grenzen als LeiterIn (du bist keine SozialarbeiterIn/TherapeutIn) und habe die Gesamtgruppe im Blick. Tritt dabei selbstbewusst auf und sei konsequent. (zu "Wie setzt du die Gruppenregeln durch?") Bei solchen Verhaltensweisen solltest du mit den Erziehungsberechtigten ein Gespräch führen. Sollte sich das Verhalten des Kindes/Jugendlichen nicht ändern, kannst du auch eine Beratungsstelle anrufen und dir Tipps holen, wie du dich in diesen Fällen verhalten kannst.
Konflikte sind in einer Gruppe völlig normal und lassen sich nicht gänzlich vermeiden. Es wäre ja auch merkwürdig, wenn die Interessen aller Mensch/Gruppenmitglieder ständig übereinstimmen würden. Dennoch kannst du, anstatt zu streiten, eher diskutieren und anstatt jemanden zu beleidigen oder zu attackieren, ihm/ihr sagen, was dich an seinem/ihrem Verhalten stört bzw. was gerade nicht stimmt.
Du siehst schon: Es geht darum, miteinander zu sprechen! Viele Konflikte entstehen aufgrund nicht gelungener Kommunikation und können dementsprechend auch durch gute und gelungene Kommunikation gelöst werden. Im Kapitel Kommunikation findest du Erklärungsmodelle, warum Kommunikation gar nicht so einfach ist und was man beachten muss, um wertschätzend miteinander zu kommunizieren. (zu Kommunikation)
Gleichzeitig ist es wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass die eigene Sicht auf die Dinge nicht die einzig mögliche Sicht auf die Dinge ist und schon gar nicht die allgemein richtige oder wahre Sichtweise. Wir alle beobachten in unserem Alltag/in den Gruppenstunden ständig Dinge und Verhaltensweisen von anderen und stellen häufig Vermutungen an, warum er/sie sich so oder so verhält. Dabei ist uns manchmal gar nicht bewusst, dass wir vermuten und nicht wissen. Und das, was wir vermuten oder beobachten, bewerten wir. Menschen neigen häufig dazu, ihr eigenes Wertesystem auf andere zu übertragen und schnell in Kategorien von „richtig“ und „falsch“ oder „gut“ und „schlecht“ zu denken – anstatt es einfach „anders“ sein zu lassen. Wenn du dir bewusst machst, dass der andere anders ist und denkt als du (ohne es zu bewerten) und seine Andersartigkeit aushältst, akzeptierst und ihm damit das Recht auf seine Andersartigkeit zugestehst (ohne ihm deine Sichtweisen aufdrücken zu wollen), ist schon ein großer Schritt getan. Auch diese „andere“ Sichtweise deines Gegenübers auf die gleichen Dinge kann dadurch aufgedeckt werden, wenn ihr darüber ins Gespräch kommen und dabei bestimmte Regeln der gewaltfreien Kommunikation sowie Feedback-Regeln beachten (zu Feedback).
Dies bedeutet nicht, dass du seine Sicht der Dinge gutheißen oder gar annehmen solltest, vielmehr geht es darum, Verständnis für den anderen aufzubringen, ihn/sie zu nehmen, wie er/sie ist und einen fairen Umgang miteinander zu entwickeln. Natürlich müssen sich alle in einer Gruppe an die vereinbarten Regeln und Prinzipien des sozialen Miteinanders halten. Darüber hinaus kannst du aber nicht eine Verhaltens- oder Meinungsveränderung deines Gegenübers zu deinen Gunsten erwarten, sondern solltest in erster Linie an dir arbeiten und lernen, dich so zu verhalten, dass du zufrieden mit dir selbst sein kannst, dass du Unterschiede aushältst und am besten sogar als bereichernd für die Gruppe erkennst. Menschen sind unterschiedlich und nicht jede liegt mit jedem auf einer Wellenlänge – Konflikte können also nicht immer vermieden werden, sie können aber fair miteinander ausgetragen werden!