Praxis-Check
1) Teilnahme an einer Präventionsschulung gegen sexualisierte Gewalt
Zum Thema „Prävention von sexualisierter Gewalt“ gibt es im Bistum Essen extra Schulungen. Alle GruppenleiterInnen müssen eine sechsstündige sogenannte „Basis plus Schulung“ besucht haben, um in der Kinder- und Jugendarbeit tätig zu werden. Frag bei deinem Träger nach, wann die nächste Präventionsschulung angeboten wird. Weitere Informationen rund um das Thema findet ihr auch unter www.bistum-essen.de/.
2) Getrennte Schlafräume / Zelte für Mädchen und Jungen
Damit du erst gar nicht in den Verdacht geraten kannst, sexuellen Handlungen Vorschub geleistet zu haben, empfehlen wir dir, immer für getrennte Schlafräume oder Zelte für Mädchen und Jungen zu sorgen.
Natürlich bietet diese Regelung keine hundertprozentige Sicherheit und ist auch nicht in allen Fällen eine Lösung.
3) Bei Freizeiten mit Jugendlichen klare Regeln zum Umgang mit Sexualität aufstellen und die eigene rechtliche Situation als Gruppenleitung deutlich machen!
Auch wenn die Jugendlichen sich selbst nicht strafbar gemacht haben, kann man als Aufsichtspflichtiger belangt werden. Unter Umständen kann ein/e GruppenleiterIn auch zivilrechtlich haftbar gemacht werden, wenn ein Beischlaf zwischen noch nicht Volljährigen Folgen hat (z. B. Schwangerschaft, psychische Schäden).
Wenn du zu den Jugendlichen einen „guten Draht“ hast, werden sie die Regeln und deine Situation verstehen und sich eher daran halten, als wenn sie nicht wissen, wozu die Regeln da sind.
4) Vier-Augen-Prinzip einführen und einhalten
Generell empfehlen wir Kinder und Jugendliche im Team zu betreuen, das bedeutet, immer mindestens zu zweit zu leiten. Nicht jedes Kind versteht sich mit jedem/r LeiterIn und umgekehrt. Zudem nimmt man mit zwei Personen mehr wahr, kann sich austauschen und ergänzen.
Insbesondere in sensiblen Bereichen wie Schlafräumen, Toiletten und Duschräumen solltet ihr bei Bedarf immer zu zweit zugegen sein. Dies hat zwei Gründe:
Ihr kontrolliert euch gegenseitig und ihr sichert euch auch gegenseitig ab. Sollten Grenzüberschreitungen geschehen oder von Kinder oder Jugendlichen so empfunden werden, habt ihr immer eine zweite Wahrnehmung außer eurer eigenen.
Natürlich ist es nicht immer möglich, dass eine zweite Leitungsperson dabei ist. Achtet dann aber z.B. darauf, dass ihr mit der ganzen Mädchen-Gruppe zum Duschen geht und nicht eine Leiterin mit einer Teilnehmerin alleine bleibt.
Wenn es darum geht, über persönliche und sensible Themen zu sprechen, muss natürlich auch ein Vier-Augen-Gespräch zwischen LeiterIn und TeilnehmerIn möglich sein. Hier empfehlen wir euch, eine andere Mitleitung vorher über das Stattfinden dieses Gesprächs zu informieren und euch dafür einen angemessenen Ort zu suchen (also nicht im einsamen Zelt oder weit weg im Wald), sondern für alle einsehbar (z.B. draußen auf dem Gelände).
5) Stellt eine Regel zum Neinsagen auf!
Egal wie diese Regel formuliert wird, alle sollten das Recht haben, „nein“ zu sagen und damit eine Grenze zu ziehen, die von allen respektiert wird. Dies ist für eine Gruppe erst einmal eine große Herausforderung, wenn es bisher noch nicht praktiziert wurde. Manche erfahrene Gruppenleitung wird denken, dass dies eine Einigung bei Gruppenprozessen erschweren und oft zu Mehrarbeit als Leitung führen wird. Und sie hat Recht! Aller Anfang ist schwer und Veränderungen werden nicht von allen als Weiterentwicklungsmöglichkeit wahrgenommen. Dennoch möchten wir sehr für diesen Weg werben.
Wenn du sowohl als Leitung als auch als Teilnehmende in anderen Bereichen wie Mitspielen, Essen, Streitigkeiten, körperlichen Auseinandersetzungen etc. die Erfahrung gemacht hast, dass ein deutliches „Nein“ respektiert wird, wird es dir im Bereich der Sexualität leichterfallen zu äußern, was du magst und wo du eine Grenze ziehst. Die Selbstbestimmung sollte daher nicht im Bereich der Sexualität beginnen, sondern auch in anderen Bereichen erfahrbar sein. Die Teilnehmenden sollen die Erfahrungen machen, dass sie selbst bestimmen können und dürfen, wo ihre jeweilige Grenze liegt.