Die Einschulung ist für die meisten Kinder der erste große Einschnitt bzw. die erste große Veränderung in ihrem Leben, die sie bewusst wahrnehmen. Viele gehen mit bestimmten Erwartungen das erste Mal zur Schule: Manche freuen sich und sind gespannt, andere sind eher ängstlich, da sie vielleicht noch niemanden kennen. Sie stehen vor der Herausforderung, das erste Mal in ihrem Leben bewusst Freundschaften suchen zu müssen. Neben neuen Beziehungen zu Mitschülern und Lehrern bedeutet Schule natürlich Lernen und Wissensvermittlung: Kinder lernen Lesen und Schreiben, ihr Wissen in Kategorien (=Schulfächer) einzuordnen und logisch zu denken (vgl. Oerter 2008, S. 255ff). Das eröffnet ihnen viele neue Möglichkeiten, an unserer Gesellschaft teilzuhaben. Auch wenn man davon ausgeht, dass Kinder von Natur aus neugierig und wissbegierig sind, haben leider nicht alle Kinder Freude am Lernen. Manchen fällt es schwer, die Inhalte kognitiv zu begreifen, andere können nicht eine Schulstunde lang ruhig am Tisch sitzen, manchen fehlt die Unterstützung durch Eltern oder andere Bezugspersonen. Für sie kann Schule schon im Grundschulalter zur Last werden.
Dabei nimmt die Schule (und anschließende Hausaufgabenbetreuung) einen immer größeren Teil im Leben der Kinder ein. Nachmittagsbetreuung nach der Schule ist auch im Grundschulalter keine Seltenheit mehr. Und so verbringen Kinder oft lange Zeit in der (Fremd-)Betreuung. Wenn sie dann nachmittags von ihren Eltern abgeholt werden, hat die gemeinsame Familienzeit für viele Eltern, die in diesem Alter das Freizeitverhalten ihrer Kinder noch stark mitbestimmen, hohe Priorität. Sie wählen gut überlegt aus, ob und welche weiteren Freizeit-/ Nachmittagsangebote ihre Kinder noch zusätzlich besuchen. Sicherlich auch deshalb, um ihnen nicht zu viel zuzumuten und die Nachmittage zur Erholung zu nutzen oder frei und spontan gestalten zu können.
Hinzu kommt, dass Leistungen und gute Schulnoten bereits in der Grundschule eine wesentliche Rolle spielen. Dadurch steigen die Erwartungen an Hausaufgaben und Klassenarbeiten, denn Eltern ist es meistens wichtig, dass ihre Kinder später die bestmögliche weiterführende Schule besuchen können. Die Qualifikation dafür ist bekanntlich von den schulischen Leistungen/Noten abhängig. Das wissen bzw. spüren auch die Kinder, die so schon früh einem gewissen Leistungsdruck ausgesetzt sind. Manchen Kindern macht das nichts aus, da sie sich behaupten können und bereits ein gutes Selbstwertgefühl entwickelt haben, andere Kinder erleben zum ersten Mal, dass sie bewertet werden und dabei schlechter abschneiden als ihre MitschülerInnen. Unterschiede im Leistungsniveau und in der „sozialen Stellung“ treten im Grundschulalter deutlich zutage und werden auch den Kindern mehr und mehr bewusst.
Der Wechsel zu einer weiterführenden Schule ist dann häufig ein weiterer wichtiger Einschnitt für die Kinder. Auch hier erleben sie sehr deutlich, dass sie bewertet werden und es von ihren Leistungen abhängt, wie ihr Leben weitergeht. Auch Kinder haben schon ein Gefühl dafür, dass sich hier wichtige Weichen stellen: Müssen sie auf eine Hauptschule gehen, gehören sie eher zu den „Verlierern“ und haben weniger Chancen und Möglichkeiten als ihre Mitschüler, die beispielsweise auf ein Gymnasium wechseln. Gleichzeitig trennen sich mitunter die Wege zwischen ihnen und Freunden, die auf eine andere Schule gehen. Das stellt Freundschaften in dem Alter auf eine harte Probe und erfordert gleichzeitig, dass Kinder neue Beziehungen zu neuen MitschülerInnen aufbauen und eingehen. Das fällt nicht jedem Kind leicht. Sie müssen in einer neuen Gruppe/Klasse ihren Platz finden.
Mit dem Wechsel auf eine neue Schule erhöhen sich auch die Anforderungen an die Kinder. Waren sie zuvor noch im einigermaßen geschützten Bereich der Grundschule, müssen sie nun häufig weitere Wege (mit dem Bus) zur Schule zurücklegen, sich in einem deutlich größeren Umfeld zurechtfinden und sind wieder „die Kleinen“ in der Schule. Manche Kinder müssen die Erfahrung machen, dass sie – obwohl das Lernen in der Grundschule ihnen leicht von der Hand ging – jetzt Schwierigkeiten haben, mitzukommen. Der Leistungsdruck steigt. Das ist für manche schwerer zu bewältigen als für andere. So ist Schule für alle Kinder sehr prägend – aber es hängt von ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten und von ihren Vorerfahrungen ab, ob sie als belastend oder als anregend erlebt wird.